Kritik an Wahlrechtsreform
Die Ampelkoalition mit den Stimmen der AfD-Fraktion im Deutschen Bundestag eine grundlegende Reform des Bundeswahlgesetzes verabschiedet. Durch die Streichung von sogenannten Überhang- und Ausgleichsmandaten und der Grundmandatsklausel soll die Größe des Bundestages bereits zur nächsten Bundestagswahl im September 2025 auf 630 Sitze begrenzt werden. Gegen den heftigen Widerstand der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und der Fraktion Die Linke hat damit die Regierungskoalition nicht nur die erst am Ende der letzten Legislaturperiode verabschiedete Wahlrechtsreform, die eine deutliche Reduzierung der Wahlkreise und der Ausgleichsmandate vorsah, einkassiert, sondern hat auch einen Gesetzentwurf der Unionsfraktion abgelehnt, der eine Begrenzung der Abgeordnetenzahl auf die vom Grundgesetz vorgeschriebene Mindestgröße von 598 Sitze garantiert hätte.
Kernstück der jetzt beschlossenen Wahlrechtsreform ist die Entpersonalisierung der Bundestagswahlen. Maßgeblich für die Zusammensetzung des Bundestages sollen künftig allein die Zweitstimmenergebnisse der Parteien sein. Erringt eine Partei über die Erststimmen ihrer Kandidaten mehr Wahlkreisdirektmandate, als ihr nach dem Zweitstimmenergebnis zustehen, dann sollen von ihren Kandidaten gewonnene Direktmandate mit dem geringsten Vorsprung nicht „zugeteilt“ werden. Gleiches soll für gewonnene Direktmandate von Bewerbern von Parteien gelten, die bundesweit nicht die 5 Prozent-Hürde übersprungen haben.
Im Ergebnis führt diese Wahlrechtsreform dazu, dass zahlreiche Wahlkreisbewerber, obwohl sie die meisten Wählerstimmen in ihrem Wahlkreis errungen haben, nicht in den Bundestag einziehen dürfen und damit etliche Wahlkreise überhaupt nicht im Parlament durch einen eigenen Abgeordneten vertreten sind.
Dazu erklärt der heimische CDU-Bundestagsabgeordnete Hans-Jürgen Thies, der seit 2017 den Kreis Soest als direkt gewählter Abgeordneter im Bundestag vertritt, folgendes:
„Ich halte die jetzt von der Ampelkoalition beschlossene Wahlrechtsreform für intransparent und in hohem Maße undemokratisch. Wer sich als Direktkandidat dem Votum der Wählerinnen und Wähler in seinem Wahlkreis stellt und die Mehrheit der Erststimmen erringt, der hat ein Bürgermandat, seinen Wahlkreis im Bundestag zu vertreten. Dieses Mandat darf ihm nicht nachträglich durch undurchsichtige Rechenmodelle wieder entzogen werden. Gerade der direkt gewählte Wahlkreisabgeordnete hat eine besondere demokratische Legitimation. Ihm diese zu entziehen, wie es jetzt die Ampelkoalition vorhat, ist ein nicht hinzunehmender Eingriff in das Demokratieprinzip und widerspricht jeglichen Grundsätzen einer bürgernahen Politik.“
Für den Landtagsabgeordneten und Vorsitzenden der CDU im Kreis Soest, Heinrich Frieling, wurde der Eindruck bestätigt, die Ampel-Koalition schaffe sich ein Wahlrecht, das ihren Machtanspruch sichert, die Opposition beschneidet und das Parlament schwächt. „Es ist richtig, die Größe des Bundestages zu begrenzen. Das zeigt auch der Vorschlag der CDU/CSU-Fraktion. Das darf aber nicht zu Lasten der direkt vom Bürgerwillen getragenen Wahlkreisabgeordneten gehen. Direkt gewählte Abgeordnete werden nicht daran gemessen, wie hoch sie bei der Partei und ihrer Führung im Kurs stehen, wenn Listenplätze vergeben werden, sondern daran, wie gut sie ihre Arbeit im Wahlkreis leisten.“, betont Frieling und ergänzt: „Nur über die Wahlkreisabgeordneten ist zudem sichergestellt, dass jeder Wahlkreis und damit auch der Kreis Soest mit einem eigenen Abgeordneten im Parlament vertreten ist. Gerade die SPD hat zuletzt gezeigt, dass sie dem Kreis Soest bei ihren Listenaufstellungen keine hohe Bedeutung beimisst. Im Landtag ist sie mit keinem Abgeordneten mehr vertreten und bei der Bundestagswahl setzte sie ihren Kandidaten nur auf Platz 21 ihrer Landesliste, sodass dessen Einzug keineswegs sicher war.“